Folgen des Baugebiets Ostfeld/Kalkofen für Mainz-Kostheim

Antrag Nr. 12/​2020 zur Sitzung des Orts­bei­rats Mainz-Kost­heim am 26. August 2020

Der Orts­beirat möge beschließen:
Der Magis­trat der Landes­haupt­stadt Wies­baden wird drin­gend gebeten, den Orts­beirat Kost­heim umge­hend bei den Planungen zum Bauge­biet Ostfeld/​Kalkofen miteinzubeziehen.

Begrün­dung:
Eine Betei­li­gung des Orts­bei­rats Kost­heim hat bisher nicht statt­ge­funden. Zu einer entspre­chenden Veran­stal­tung („Politik-Forum Orts­bei­räte“ am 10.04.2018)[1] waren ledig­lich die Orts­bei­räte Kastel, Amöne­burg, Erben­heim und Biebrich geladen.

Der Bau von Wohnungen für 8.000 bis 12.000 Menschen[2] auf 30 – 35 ha und die Flächen­ver­sie­ge­lung von weiteren 50 ha für Indus­trie und Gewerbe[3] (entspricht ca. 4.500 Arbeits­plätzen)[4] hat aber gravie­rende Auswir­kungen auch auf den Stadt­teil Mainz-Kostheim.

Klima­ti­sche Folgen

Die KLIMPRAX Studie des Deut­schen Wetter­dienstes (DWD)[5] legt detail­liert und wissen­schaft­lich fundiert dar, wie sich die Tempe­ra­turen in der Region Mainz-Wies­baden aufgrund des Klima­wan­dels verän­dern werden – und das bei einer denkbar ungüns­tigen Ausgangslage:

„Wie der (…) Vergleich zeigt, liegen Wies­baden und Mainz in einer Region Deutsch­lands, in der auch ohne Klima­wandel (…) bereits heute eine vergleichs­weise hohe sommer­liche Wärme­be­las­tung vorkommt“ [6]

Im Refe­renz­zeit­raum der Studie von 1971 bis 2000 gab es auf dem Groß­teil des bebauten Gebiets von Kost­heim laut den DWD-Modell­rech­nungen[7] eine mitt­lere jähr­liche Anzahl von

  • 45 bis 60 Sommer­tagen (Tages­höchst­tem­pe­ratur größer als 25°C)[8], von
  • 12 bis 20 heißen Tagen (Tages­höchst­tem­pe­ratur größer als 30°C)[8] und
  • 5 bis 11 Tropen­nächte (Tages­tiefst­tem­pe­ratur nicht unter 20°C)[8].

Für die Zukunft gehen die Modell­rech­nungen des DWD von einer erheb­li­chen Tempe­ra­tur­zu­nahme aus:

„Für den Zeit­raum 2031-2060 gegen­über 1971-2000 erhält man für die ausge­wählte Region Tempe­ra­tur­zu­nahmen zwischen 0,92 K und 2,70 K.
75 % der Simu­la­tionen kommen auf eine Zunahme von 1,21 K oder mehr (25. Perzentil) aber weniger als 25 % (75. Perzentil) auf über 1,88 K.“ [9]

Umgangs­sprach­lich formu­liert: 75% der vom DWD verwen­deten Klima­pro­jek­tionen für die Region Wiesbaden/​Mainz sagen für den Zeit­raum 2031-2061 eine Zunahme von mindes­tens 1,2°C voraus. 25 % der Modelle gehen davon aus, dass es zu einer Tempe­ra­tur­stei­ge­rung von mehr als 1,8°C kommt. In Kost­heim wird es also deut­lich wärmer.

Das zeigt sich auch in einer dras­ti­schen Zunahme der Sommer­tage, der heißen Nächte und der Tropen­nächte. Diese Infor­ma­tionen – auf Kost­heim bezogen – kann anhand des digi­talen Land­schafts­plans der LH Wies­baden[10] leicht und sehr detail­liert nach­voll­zogen werden und wird in der folgenden Tabelle zusam­men­ge­fasst. Eine bebil­derte Gegen­über­stel­lung für Kost­heim von 1971-2000 zu 2031-2060 befindet sich im Anhang dieses Antrags.

Prognos­ti­zierte Werte für den bebauten Teil Mainz-Kost­heim anhand des digi­talen Land­schafts­plans (Umweltamt Wi)Refe­renz
1971-2000
[8]
Simu­lierte Zunahme[8] von 1971-2000 auf 2031-2060 75. Perzentil
Sommer­tage (Tages­höchst­tem­pe­ratur  ≥ 25°C)45-60 TageZunahme um ca. 25 Tage auf 70-85 Tage
heiße Tage (Tages­höchst­tem­pe­ratur ≥ 30°C)12-20 TageZunahme um ca. 12-16 Tage auf 24-36 Tage
Tropen­nächte (Tages­tiefst­tem­pe­ratur ≥ 20°C)5-11 TageZunahme um ca. 16-23 Tage auf 21-30 Tage

In Kost­heim wird es nicht nur deut­lich wärmer, sondern es wird wesent­lich mehr Tage geben, an denen tempe­ra­tur­mäßig die 25°-Marke oder sogar die 30°-Marke geknackt werden wird. Außerdem besagen die DWD-Berech­nungen, dass auch die Kost­heimer Sommer­nächte immer wärmer werden. Es ist mit mindes­tens einer Verdrei­fa­chung der Tropen­nächte zu rechnen.

In der KLIM­PRAX-Studie wird das Kasteler Ostfeld als eines von zwei großen Wies­ba­dener Quell­ge­bieten für Kalt­luft[11] benannt. Diese auf dem Kasteler Ostfeld entstan­dene Kalt­luft strömt – gemäß der DWD-Modell­rech­nungen – im Zeit­raum von 0 bis 2 Uhr nachts direkt nach Kost­heim:[12]

„Die Luft aus den Ostfel­dern von Kastel (W1) teilt sich zunächst noch in einen west­li­chen und einen östli­chen Zweig (Abbil­dung 8-4, links oben).“[13]

Dieser „östliche“ Kalt­luft­strom versorgt Kost­heim mit drin­gend benö­tigter Abküh­lung und trägt somit erheb­lich zur Senkung der nächt­li­chen Tempe­ra­turen bei.

Mit einer Versie­ge­lung von Flächen durch eine hohe Bebauung ist die Funk­tion des Ostfelds als Kalt­luft­ent­ste­hungs­ge­biet nicht mehr gegeben. Dies führt zu einer unmit­tel­baren Verschär­fung der Hitze­be­las­tung für die Kost­hei­me­rinnen und Kostheimer.