Straßenbenennung im Linde-Viertel

Antrag Nr. 03/​2020 zur Sitzung des Orts­bei­rats Mainz-Kost­heim am Montag, 2. März 2020

Straßenbenennung im Linde-Viertel

Der Orts­beirat wird gebeten, die Benen­nung der neuen Straße „An der Rampe”, die im LINDE-Viertel geplant ist, noch einmal zu beraten und einen anderen Stra­ßen­namen zu finden.

Begrün­dung:
Der Namens­vor­schlag kam in der letzten Orts­bei­rats­sit­zung über­ra­schend und war vorher nicht bekannt. Durch die Vorge­hens­weise, einen Vorschlag der Freien Wähler und einen der AUF-Frak­tion zu nehmen, war der Name „An der Rampe” quasi gesetzt, kontro­vers wurden nur noch die beiden Frau­en­namen diskutiert.

Eine ange­mes­sene Ausein­an­der­set­zung mit diesem Namens­vor­schlag war in dieser Situa­tion nur schwer möglich.

Unab­hängig davon, dass wir es nicht attraktiv finden, eine Straße in einem Neubau­ge­biet „An der Rampe” zu nennen, halten wir den Namen für histo­risch belastet.

„An der Rampe” war der Ort im Vernich­tungs­lager Ausch­witz, an dem die Züge mit den depor­tierten Menschen ankamen. „An der Rampe” fanden die Selek­tionen statt, hier wurde entschieden, wer noch arbeits­fähig ist oder sofort ermordet wird. An der Rampe – das ist der Ort, wo viele Ausch­witz-Über­le­bende ihren Vater, ihre Mutter, ihre Schwester, ihren Bruder, ihre Kinder das letzte Mal gesehen haben.

Keine Frage: Die aller­meisten Menschen denken nicht an die Selek­tionen in Ausch­witz, wenn sie den Namen „An der Rampe” hören. Aber die Opfer und ihre Ange­hö­rigen denken daran. Hier ein Zitat aus einer E-Mail der Hessi­schen Sinti-Union an unsere Fraktion:

„… Wenn man eine Straße oder einen Platz „An der Rampe“ nennt ist das für uns, die Nach­kommen der Nazi­opfer, nicht zu verstehen, denn dieser Name erin­nert uns an die Rampen in den Konzen­tra­ti­ons­la­gern wie z.B. in Ausch­witz, wo unsere Leute aus den Vieh­wag­gons getrieben wurden, sich auf der Rampe nackt ausziehen mussten und sortiert wurden. Du links , du rechts usw…. wer Pech hatte wurde in die falsche Rich­tung geschickt und war dem Tode geweiht. Denn diese armen Menschen mussten in die Gaskammer. Ich und gene­rell die Sinti möchten eigent­lich nicht in einer Straße leben und wohnen, die so heißt….”

Auch in einem Leser­brief an die AZ, geschrieben von einem Kost­heimer Bürger, der seit einigen Jahren mit seiner Familie im Scholl­mayer-Viertel lebt, heißt es: „ … Bei meiner Groß­mutter, die während der Bombar­die­rung Dres­dens 1945 aus dem KZ There­si­en­stadt fliehen konnte, so wie auch bei ihrer Tochter (meiner Mutter) würde dieser Name die schlimmsten Erin­ne­rungen wieder aufleben lassen. Und auch bei mir als Nach­ge­bo­renem der Opfer wirkt er so.”

Wir können uns nicht vorstellen, dass zum Beispiel eine Familie jüdi­schen Glau­bens, gerne in so einer Straße leben möchte.

Aus unserer Sicht ist es eine Frage des Respekts, den Opfern und ihren Ange­hö­rigen solche Asso­zia­tionen nicht zuzumuten.

Mainz-Kost­heim, 9. Februar 2020
gez. Marion Mück-Raab
– Frak­ti­ons­spre­cherin –


Abstimmungsergebnis

Am 02.03.2020 durch CDU-, FWG- und FDP-Frak­tion abge­lehnt.

Abstim­mungs­er­gebnis (PiWi)
Beschluss Nr. 0026/​2020 (PiWi | PDF)


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